Rheuma, rheumatische Erkrankungen, rheumatoide Arthritis…Warum ein gewisser Grad an Verwirrtheit bezüglich der verschiedenen Begriffe und Definitionen herrscht, ist nicht besonders schwer zu verstehen. Wir werfen einen Blick auf einige der am häufigsten gestellten Fragen zum Thema Rheuma und geben Antworten, die hoffentlich dabei helfen, einen Teil der Ungewissheit zu beseitigen.
1. Was ist Rheuma?
In Medizinkreisen gilt der Begriff Rheuma als veraltet und nicht mehr aktuell. Da der Begriff aber doch häufig genutzt wird, schadet es nicht, sich mit dem Begriff und seiner Bedeutung genauer auseinander zu setzen.
Rheuma ist keine Krankheit, sondern viel mehr ein Überbegriff, unter dem verschiedene Krankheiten nach Entzündungen der Gelenke, Muskeln, Bänder, Knochen und Sehnen kategorisiert werden.
Etwa ein Viertel aller Deutschen leidet an solchen Funktionseinschränkungen der Bewegungsorgane.
Ein Großteil rheumatischer Erkrankungen, wie zum Beispiel rheumatoide Arthritis und Lupus, sind Autoimmunerkrankungen. Dieser Begriff bezieht sich auf Krankheiten, bei denen eine gestörte Immuntoleranz gegenüber dem eigenen Körper auftritt. Warum das Immunsystem so reagiert, ist noch nicht geklärt. Das Zusammenwirken genetischer Faktoren und Umwelteinflüssen könnte eine Rolle in der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen spielen, während bestimmte Infektionen tatsächliche Auslöser darstellen.
Doch nicht alle rheumatischen Beschwerden liegen Autoimmunerkrankungen zu Grunde. Beispielsweise ist Arthrose eine degenerative Erkrankung, die sich mit dem Alter entwickelt, während Gicht durch eine zu große Menge an Harnsäure verursacht wird.
Rheuma bezieht sich daher auf ein breites Spektrum verschiedener Erkrankungen, die aufgrund gemeinsamer Symptomatik alle als rheumatische Erkrankungen eingestuft werden können. Spezifische Mechanismen einer bestimmten Krankheit können dadurch jedoch nicht beschrieben werden, da sich die Auswirkungen verschiedener rheumatischer Erkrankungen stark voneinander unterscheiden.
Rheumatische Erkrankungen werden meist von Rheumatologen behandelt, doch für bestimmte Fälle werden auch Immunologen und Kardiologen zur Beratung und Behandlung herangezogen.
Unter dem Sammelbegriff „Rheuma“ befindet sich eine Unterkategorie, unter die die häufigsten rheumatischen Erkrankungen fallen: Arthritis.
2. Was ist der Unterschied zwischen Rheuma und Arthritis?
Die Wörter Rheuma und Arthritis werden oft austauschbar verwendet, bedeuten aber nicht dasselbe.
Wie bereits erwähnt, werden rheumatische Erkrankungen durch Entzündungen der Gelenke, Muskeln, Bänder, Knochen und Sehnen gekennzeichnet. Arthritis aber bezieht sich explizit auf Entzündungen der Gelenke, die einen Großteil der allgemeinen Bedingungen und Fälle ausmachen und somit als große Untergruppe von Rheuma gesehen werden kann.
In der Tat gibt es über 100 arthritische Erkrankungen, von denen in Deutschland etwa fünf Millionen Frauen und Männer unter der häufigsten Form, der Arthrose, leiden.
Man kann das Wort Rheuma auch verwenden, wenn man sich speziell auf die Autoimmunerkrankung rheumatoide Arthritis bezieht, mit der über 550.000 Menschen in Deutschland leben.
Es ist daher verständlich, warum Rheuma und Arthritis in ihrer Anwendung fast gleichbedeutend sein können, da es für viele Menschen normal ist, mit einer Krankheit zu leben, die Eigenschaften von Beiden beinhaltet. Es gibt jedoch eine Reihe von rheumatischen Erkrankungen, die nicht arthritisch sind. Sie können als nicht-artikuläre (wörtlich übersetzt nicht Gelenk-bezogene) rheumatische Erkrankungen bezeichnet werden.
Das bekannteste Beispiel für eine nicht-artikuläre, rheumatische Erkrankung ist Fibromyalgie, eine Erkrankung, die durch langfristige Schmerzen im ganzen Körper gekennzeichnet ist.
Eine weitere Krankheit, die genau genommen keine Form der Arthritis ist (obwohl sie Symptome aufweist, die die Gelenke betreffen), ist das rheumatische Fieber.
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3. Was ist rheumatisches Fieber?
Rheumatisches Fieber ist ein potenziell schwerwiegender Zustand, dessen Ursache auf Gruppe A Streptokokken-Bakterien zurückzuführen ist, die für Scharlach und Streptokokken verantwortlich sind. Letzteres kann in jedem Alter auftreten, tritt aber am häufigsten bei Kindern zwischen 5 und 15 Jahren auf.
Unbehandelt können Streptokokken eine Autoimmunreaktion auslösen, die das Immunsystem dazu veranlasst, den eigenen Körper anzugreifen und Entzündungen der Gelenke, der Haut, des Gehirns und des Herzens zu verursachen. Das ist dann rheumatisches Fieber.
Die Symptome treten in der Regel einige Wochen nach Ansteckung mit den Streptokokken auf und umfassen in der Regel schmerzhafte, wunde und entzündete Gelenke und Fieber, während Symptome, die das Herz betreffen, wie zum Beispiel Brustschmerzen, ebenfalls auftreten können.
Während das rheumatische Fieber akut ist, d.h. in der Regel nur wenige Wochen oder Monate dauert, sind die Symptome, die das Herz betreffen, ein Hinweis auf die schwerste Langzeitkomplikation: die rheumatische Herzkrankheit.
Rheumatische Herzerkrankungen werden durch Entzündungen des Herzens hervorgerufen, die dauerhafte Schäden vor allem an den Herzklappen verursachen, was wiederum Durchblutungsstörungen verursachen kann. Dies kann in der Folge zu lebensbedrohlichen Komplikationen, wie z.B. Schlaganfall führen.
Im Hinblick auf alle rheumatischen Erkrankungen ist das rheumatische Fieber insofern eher ungewöhnlich, weil es einen ganz klaren Auslöser - nämlich Streptokokken – hat. Warum Streptokokken eine Autoimmunreaktion auslösen können, ist noch nicht geklärt.
Rheumatisches Fieber unterscheidet sich von anderen rheumatischen Erkrankungen, da die schwerwiegendsten Langzeitschäden in der Regel in Form einer rheumatischen Herzkrankheit das Herz betreffen.
Obwohl Streptokokken relativ häufig sind, entwickeln Menschen in Deutschland, nur sehr selten rheumatisches Fieber, sowie auch in den meisten anderen Industrieländern. In Entwicklungsländern und Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung stellt die Erkrankung jedoch ein großes Gesundheitsproblem dar.
Eine weitere rheumatische Erkrankung, nach der die Menschen oft suchen, ist der palindrome Rheumatismus.
4. Was ist palindromer Rheumatismus?
Angesichts der Seltenheit der Erkrankung, die eine Form der Arthritis ist, lässt sich das hohe Suchvolumen, das palindromer Rheumatismus aufweist, vielleicht auf den eher ungewöhnlichen Namen zurückführen.
Unter den Begriff „Palindrom“ fällt jedes Wort, jeder Satz, jede Zahl oder jede andere Zeichenfolge, die sich genauso vorwärts wie rückwärts liest, wie z.B. Kukuk oder Eine güldne, gute Tugend: Lüge nie!
Der Name bezieht sich in unserem Kontext auf die Art und Weise, wie Symptome plötzlich und spontan auftreten, stunden- oder tagelang andauern und dann ebenso abrupt wieder aufhören. So ein Verhalten ist in der Regel sporadischer und unvorhersehbarer Natur.
Die Symptome ähneln normalerweise denen der rheumatoiden Arthritis: Schmerzen und Entzündungen der Gelenke und des umliegenden Gewebes. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis (und anderen Formen der Arthritis) scheint der palindrome Rheumatismus die Gelenke nicht nachhaltig zu schädigen.
Wie die rheumatoide Arthritis ist auch der palindrome Rheumatismus eine Autoimmunerkrankung. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Zuständen führen zu der Debatte, ob palindromer Rheumatismus als Untergruppe von rheumatoider Arthritis oder als eigenständige Krankheit einzustufen ist.
Unabhängig davon, was der vorherige Artikel feststellt, entwickeln 25%-50% der Menschen, bei denen ein palindromer Rheumatismus diagnostiziert wird, anschließend auch noch eine rheumatoide Arthritis.
Wie bei vielen rheumatischen Erkrankungen gibt es eine Reihe von Faktoren, die auf das Risiko palindromes Rheuma zu entwickeln, eine Rolle spielen.
5. Wer ist am meisten von Rheuma gefährdet?
Zuerst betrachten wir autoimmune rheumatische Erkrankungen, zu denen palindromer Rheumatismus, rheumatoide Arthritis, Lupus und viele andere Erkrankungen gehören.
Geschlecht
Fast jede Autoimmunerkrankung betrifft Frauen stärker als Männer, ein Trend, der auch für autoimmune rheumatische Erkrankungen gilt. Bei rheumatoider Arthritis kann pro Jahr mit 20 bis 30 Neuerkrankungen je 100.000 Männer und 40 bis 60 Neuerkrankungen je 100.000 Frauen gerechnet werden, während bei Lupus, Frauen bis zu 10-mal häufiger als Männer betroffen sind.
Genetik
Außerdem wird angenommen, dass die Genetik eine Rolle bei der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen spielt, so dass ein Verwandter mit einer autoimmunen rheumatischen Erkrankung einen Hinweis auf eine eigene, erhöhte Erkrankungswahrscheinlichkeit geben kann. Es ist jedoch nicht bekannt, um wie viel. Forscher haben zudem spezifische Genmutationen identifiziert, die mit bestimmten Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Es handelt sich um ein Forschungsgebiet, das zu einem besseren Verständnis von Autoimmunerkrankungen und hoffentlich zu einer besseren Behandlung führen könnte, zurzeit aber eher von geringem praktischen Nutzen ist.
Herkunft
Ethnizität scheint sicherlich eine Rolle bei dem Risiko zu spielen, eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln. Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit an Lupus zu erkranken bei der afroamerikanischen und afrokaribischen Bevölkerung bis zu achtmal höher, als bei Menschen mit europäischer Herkunft. Ebenso ist die Prävalenz der rheumatoiden Arthritis bei den Ureinwohnern Amerikas bis zu viermal höher, als bei den Europäern.
Obwohl es von Krankheit zu Krankheit variiert, ist allgemein bekannt, dass afroamerikanische, afrokaribische, indianische und lateinamerikanische Bevölkerungsgruppen eher Autoimmunerkrankungen entwickeln, als kaukasische Bevölkerungsgruppen. Dies ist ein Trend, der für die häufigsten rheumatischen Erkrankungen gilt.
Umweltfaktoren & Lebensstil
Auch wenn eine Person eine genetische Prädisposition für eine Autoimmunerkrankung haben kann, wird allgemein angenommen, dass Umweltfaktoren eine Schlüsselrolle bei der Auslösung der Krankheit spielen. Was diese Faktoren sind, bleibt jedoch weitgehend ein Rätsel.
Bestimmte Viren wurden mit der Entstehung von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, wie bei dem vorherigen Beispiel von Streptokokken, die rheumatisches Fieber auslösen. Ebenso wurde das Epstein-Barr-Virus mit einer Reihe von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, darunter die rheumatoide Arthritis.
Wenn es um den Lebensstil geht, wurden sowohl Rauchen als auch Adipositas mit einer Vielzahl von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, jedoch ist über die genaue Art der Beziehung wenig bekannt.
Alter
Das Alter, in dem man am meisten gefährdet ist, eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln, variiert bei den unterschiedlichen Erkrankungen. So sind beispielsweise Kinder am stärksten vom rheumatischen Fieber bedroht, die Symptome des Lupus beginnen in der Regel im Alter von 15 bis 40 Jahren, während sich die Symptome der rheumatoiden Arthritis am ehesten im Alter von 30 bis 50 Jahren zu entwickeln beginnen.
Tatsächlich gibt es kein einheitliches Risikoprofil, das für alle Arten von autoimmunen rheumatischen Erkrankungen geeignet ist. Bestimmte Einflussfaktoren, die für Autoimmunerkrankungen im Allgemeinen gelten, wie Geschlecht und Ethnizität, gelten jedoch auch für rheumatische Erkrankungen. Außerdem ist bestätigt, dass man tendenziell eher dazu neigt, eine weitere (rheumatische oder andere) Krankheit zu entwickeln, wenn man eine schon bestehende Autoimmunerkrankung hat
Risikofaktoren für Arthrose
Wie bereits erwähnt, ist die häufigste rheumatische Erkrankung keine Autoimmunerkrankung. Der größte Risikofaktor für Arthrose ist das Alter. 10% der Männer ab 60 Jahren und 13% der Frauen leiden an dieser Erkrankung.
Zusätzliche Risikofaktoren könnten sein:
Übergewicht
Verletzung und Operation
Geschlecht (wie schon erwähnt haben Frauen ein erhöhtes Risiko, jedoch nicht in demselben Maße wie bei Autoimmunerkrankungen)
Muskelschwäche
Sport & körperliche Aktivität
Der letzte Punkt gilt als umstritten. Einige Studien weisen darauf hin, dass Spitzensportler ein erhöhtes Risiko für Arthrose haben und dass selbst regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko erhöhen kann - insbesondere für Arthrose in der Hüfte und in den Knien. Andere Studien deuten jedoch darauf hin, dass eine mäßige körperliche Betätigung (ohne akute Verletzung) das Risiko nicht erhöht.
Natürlich steigert das Sitzen zweifellos das Risiko für andere Gesundheitsprobleme, wie Herzerkrankungen, so dass Bewegung als Teil eines gesunden Lebensstils empfohlen wird.
Neben der Arthrose hat jede einzelne Krankheit ihr eigenes Risikoprofil. So ist beispielsweise Gicht bei Männern aufgrund eines höheren Harnsäuregehalts häufiger und das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Schätzungsweise 12% der Männer im Alter zwischen 70 und 79 Jahren leben mit Gicht, verglichen mit weniger als 3% der Männer unter 50 Jahren. Alkohol beeinträchtigt die Fähigkeit des Körpers, Harnsäure auszuspülen, und ist daher auch ein bekannter Risikofaktor.
Was können wir aus all dem schließen? Nun, bis weitere Rätsel bezüglich Autoimmunerkrankungen gelöst sind, gibt es wenig, was jemand tun kann, um sein Risiko, eine solche zu entwickeln, zu mindern. Geschlecht, Alter, genetische Disposition und unbekannte Umweltfaktoren liegen alle außerhalb unserer Kontrolle.
Bei anderen rheumatischen Erkrankungen bleibt die Einhaltung eines allgemein gesunden Lebensstils - eine gute Ernährung, ausreichend Bewegung, Nichtrauchen und mäßiger oder gar kein Alkoholkonsum - die beste Option zur Risikominderung.
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