Schätzungen zufolge leben 250.000 bis 400.000 Deutsche mit Parkinson. Damit steht die Krankheit an Platz zwei der neurodegenerativen Erkrankungen. Betroffene leiden unter Zittern, dem sogenannten Tremor, Muskelsteifheit, können teilweise nur noch in Trippelschritten gehen und verlieren so die Kontrolle über ihren Körper.
Doch immer neue Erfindungen, Medikamente und spezielle Therapien helfen Patienten, ihr Leben selbstständiger und freier zu gestalten. Dabei sind solche Innovationen den Betroffenen längst nicht immer bekannt. Anlässlich des Welt-Parkinson-Tags am 11. April stellen wir einige nützliche Erfindungen vor, die Parkinson-Patienten das Leben erleichtern und ihnen ein Stück Selbstständigkeit zurückgeben.
Clevere Spazierstöcke gegen Freezing
Sich plötzlich nicht mehr fortbewegen können, quasi an der Stelle festzufrieren und unter Umständen hinzufallen, ist etwas, das viele Parkinson-Patienten nur zu gut kennen. Ein Gehstock soll Abhilfe schaffen: Der Walk to Beat, der sich momentan noch in der Entwicklungsphase befindet, soll Parkinson-Patienten das Gehen erleichtern und Bewegungsstarren (Freezing) verhindern. Der Spazierstock erkennt solche Freezing-Momente und gibt durch den Griff Vibrationen ab, die dem normalen Gehtempo des Nutzers nachempfunden sind. Dieser Rhythmus soll den Patienten helfen, ihr Tempo wiederzufinden, um wieder einen Fuß vor den anderen setzen zu können.
Einen etwas anderen Ansatz verfolgt der SmartCane des französischen Startups Dring. Der Gehstock ist mit verschiedenen Bewegungssensoren ausgestattet und erkennt so, wenn er ungewöhnlich lange nicht mehr bewegt wird oder der Nutzer gar hinfällt. Sofort werden Familienmitglieder oder Pfleger benachrichtigt, die zur Hilfe eilen können. Übrigens hat das Unternehmen auch einen Schuh mit ähnlichen Funktionen entwickelt. Für beides ist nicht einmal ein Smartphone nötig, da die Devices mit GMS (Global System for mobile Communication) und GPS verbunden sind.
Kleidung für Parkinson‑Patienten
Kommt es dennoch zu einem Sturz, greift der Gürtel namens Active Protective ein. Er registriert, sobald der Träger hinzufallen droht und federt den Fall durch seinen eingebauten Airbag ab. Dieser bläst sich innerhalb von Sekunden um die Hüfte des Trägers herum von selbst auf, noch bevor dieser den Boden berührt.
Nicht nur für Parkinson-Patienten geeignet, sind schleifenlose Schnürsenkel. Denn Schuhe binden ist mit zitternden Händen kaum zu bewerkstelligen. Solche Schnürsenkel müssen einfach nur festgezogen werden, sodass keine umständlichen Schleifen mehr gebunden werden müssen. Dank solcher Schnürsenkel können die Klettverschluss-Schuhe im Schrank bleiben.
Spezial-Geschirr gegen den Tremor
Motorische Störungen und zitternde Hände können auch alltägliche Dinge wie Essen zu einer Herausforderung machen. Intelligentes Besteck wie von GYENNO) liegt dank des ergonomischen Griffs gut in der Hand und kann mit einem Aufsatz als Löffel oder Gabel genutzt werden. GYENNO erfasst das Zittern und gleicht es durch Gegenbewegungen aus. Nicht nur zu Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit ist eigenständiges Essen damit für Parkinson-Patienten wieder möglich.
Auch das Trinken wird durch einen speziellen Becher erleichtert. NoSpill) wurde von Mileha Soneji entwickelt, die ihren Onkel im Umgang mit der Krankheit unterstützen wollte. Der Becher verhindert dank seiner Form, dass Flüssigkeit verschüttet wird. Damit erhalten sich die Betroffenen ein großes und wichtiges Stück ihrer Selbstständigkeit.
Zitterfreies Schreiben durch vibrierende Stifte
Nicht nur bei essenziellen Tätigkeiten wie dem Essen, sondern auch beim Schreiben schränkt der Tremor Patienten erheblich ein. Probleme mit der Feinmotorik sind typisch für Morbus Parkinson. Das wirkt sich auch auf die Handschrift aus, die immer kleiner wird, was als Mikrographie bezeichnet wird. Dem sollen vibrierende Stifte entgegenwirken, die sich momentan noch in der Entwicklungsphase befinden. Durch Vibration der Stifte wird die Handmuskulatur stimuliert, was die Muskeln lockert und die Handschrift wieder leserlich macht.
Ähnlich funktioniert auch ein Armband mit vibrierenden Motoren, das speziell für die Engländerin Emma Lawton entwickelt wurde und die zitternden Bewegungen ausgleicht. Bis zur Marktreife hat es das Armband bisher nicht geschafft. Solche Entwicklungen machen dennoch Hoffnung darauf, dass auch anderen Parkinson-Patienten geholfen werden kann.
Übungen und Erinnerung an Medikamente durch Apps
Natürlich gibt es mittlerweile auch einige Apps, die Parkinson-Patienten nutzen können, um ihre Therapie zu unterstützen.
Die MoveApp bietet nicht nur wertvolle Informationen zur Krankheit und einen Überblick über verschiedene Medikamente, an die sich Patienten erinnern lassen können. Auch Übungen zu Bewegungstrainings und Hilfsmittel zum rhythmischen Sprechen sind in der App integriert.
Eine App, die verschiedene Parkinson Symptome und den Krankheitsverlauf für Forschungszwecke aufzeichnet, ist mPower. Nutzer werden gebeten, verschiedene Aufgaben durchzuführen, Fragen zu beantworten und den Krankheitsverlauf zu tracken. Aus den gewonnenen Daten versprechen sich Wissenschaftler Informationen, die helfen sollen, die Behandlung von Parkinson zu verbessern.
Die Parkinson App MyTherapy (für Android) und iOS)) erinnert Patienten an die regelmäßige Einnahme ihrer Parkinson Medikamente und hilft ihnen dabei den Krankheitsverlauf zu beobachten sowie körperlich aktiv zu bleiben. Das Gesundheitstagebuch kann unter anderem vom Arzt genutzt werden, um den Therapieplan individuell anzupassen.
Medikamente machen Hoffnung auf ein normaleres Leben
Bisher hat sich die Behandlung von Parkinson vor allem darauf konzentriert, die Symptome zu lindern, um die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten. Mittlerweile hat sich aber auch in Sachen Medikamenten-Forschung einiges getan: So gilt es als sicher, dass bei Parkinson Nervenzellen im Hirn absterben, die Dopamin bilden, was zu den Krankheitssymptomen wie Tremor, Muskelsteifheit (Rigor), Gleichgewichtsstörungen oder Bewegungsverlangsamungen (Bradykinese) und Bewegungsstarre (Akinese) führt. Neue Medikamente sollen den Dopamin-Spiegel hochhalten. Ein Beispiel hierfür ist das im Oktober 2016 eingeführte Ongentys mit dem Wirkstoff Opicapon. Dieser sorgt dafür, dass die Aktivität des Enzyms COMT, das den Dopaminabbau begünstigt, gehemmt wird. Auch Nilotinib, ein Medikament, das bisher gegen Leukämie eingesetzt wurde, könnte einen Durchbruch in der Parkinson Therapie bedeuten, die Motorik verbessern und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Entsprechende Forschungsvorhaben werden von der Michael J. Fox Foundation) unterstützt.
In Sachen Stammzellenforschung tut sich ebenfalls etwas. Von diesen Ansätzen versprechen sich Forscher, die Krankheit irgendwann vollständig heilen zu können. Dafür müssen Stammzellen, die bisher keine bestimmten Funktionen haben, sich in Zellen umwandeln, die Dopamin produzieren und die befallenen Hirnzellen ersetzen. Bis die Prozesse entschlüsselt sind, müssen allerdings noch viele Experimente durchgeführt werden.
Nicht nur mit der Medikamentenforschung, sondern vor allem durch die kleinen und großen Erfindungen, die Parkinson-Patienten das Leben erleichtern, können sich Betroffene ein großes Stück ihrer Lebensqualität und Selbstständigkeit erhalten. Gerade das ermöglicht es ihnen und ihren Angehörigen, besser mit der Diagnose umzugehen.
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