5 ernste Bedenken gegenüber Smart Speakern, die Ihre Gesundheit überwachen

BigBrother is listening – Könnten Smart Speaker irgendwann Ihr Leben retten?

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Nicole Wong

Das Potenzial intel­ligenter Lautspre­cher zur Erken­nung ernster Gesund­heitszustände, wie z.B. einem Herzstill­stand, wird von vielen als revolu­tionäre und lebens­rettende Techno­logie angesehen. Das mag zwar fantas­tisch futuris­tisch klingen, aber es gibt weit verbrei­tete Bedenken hinsicht­lich der Tech­nologie, die überwun­den werden müssen, sollten Smart Speaker tatsäch­lich zum Einsatz kommen. Hier sind fünf Gründe, warum diese innovative Tech­nologie umstritten ist.

1. Die Wahl zwischen Sicher­heit und Privatsphäre

Intelligente Lautsprecher, wie die von Google Assis­tant und Alexa von Amazon, könnten bald in der Lage sein, verschiedene Krank­heiten zu erkennen. Zu den Erkran­kungen, die von den Sprechern erkannt werden sollen, gehören vor allem der Herz­stillstand, der durch ago­nale Atmung gekenn­zeichnet ist, und psychi­sche Erkrankungen. Indem sie ständig zu­hören und analysieren, wie Sie sprechen und atmen, sind Smart Speaker in der Lage, gesund­heitliche und emo­tionale Anomalien auf der Grund­lage von Nuancen zu erkennen.

Obwohl die Geräte in der Lage sind, Leben zu retten, werden sie mit Sicher­heit kontrovers diskutiert werden. Das größte Sorgen­kind heißt Daten­schutz. Ob und auf welche Art und Weise gelangen Amazon, Google oder andere Unter­nehmen in den Besitz Ihrer privaten Informa­tionen? Laut Dr. Peter Chai, einem Assistenz­professor für Notfall­medizin am Brigham and Women's Hospital in Boston, Verei­nigte Staaten, sind die Smart Speaker von Amazon in der Vergan­genheit auch dann aktiv gewesen, wenn das vom Nutzer nicht erwünscht gewesen ist. Das lässt vermuten, dass diese Geräte die Gespräche der Nutzer ohne ihr Wissen oder ihre Zustim­mung aufzeichneten. Dem britischen Sicherheits­forscher Mark Barnes ist es gelungen, sich in Versionen 2015 und 2016 von Amazon Echo zu hacken und es dadurch in ein Live-Mikrofon umzu­wandeln.

Auch Google soll sich dessen schuldig gemacht haben. Bei einer Einführungs­veran­staltung im Jahr 2017 wurde fest­gestellt, dass mehrere fehler­hafte Google-Home-Geräte wie auch der Google Assistant fast ununter­brochen aufzeich­neten, obwohl diese Funktion nicht aktiviert worden ist, was auf ein enormes Daten­schutz­problem hinweist, das bei mehreren Smart Speakern auftreten könnte.

Der Arzt Dr. Eric Topol, ein Exper­te auf dem Gebiet der künst­lichen Intel­ligenz (KI), sagt: „Ich denke, das Gerät ist eine clevere Idee und es ermö­glicht, Risiken für Personen zu erfassen, die für einen Herzstill­stand anfällig sind. Dennoch ist es unheimlich, eine Überwa­chungsins­tanz durch kontinuier­liches Abhören im Haus zu haben.“ Letzt­endlich liegt es am Verbraucher zu ent­scheiden, wie wohl er sich mit dem Abhören durch Dritte fühlt.

2. Profit über Person?

Die Technik­giganten Google und Amazon haben mehrere Patent­anmel­dungen eingereicht, die eine Spektrum an Möglich­keiten abdecken, wie Smart Speaker in Zukunft einge­setzt werden könnten, um zu überwa­chen, was ihre Nutzer sagen und tun.

Unter diesen Patenten befin­den sich sogenannte „Voice-Sniffer“-Algorithmen, die so program­miert sind, dass sie Auslöse­worte von Benutzern erkennen. Auslöse­wörter sind Wörter wie „mögen“, „lieben“ und „hassen“. Bei der Identi­fizierung würde der Algo­rithmus das Audio in Echtzeit unter­suchen und die Produkte, die Gegen­stand dieser Auslöse­wörter sind, zur Kennt­nis nehmen und eine Daten­bank mit den Präfer­enzen des Benutzers erstellen. Unter­nehmen gelan­gen mithilfe dieser Algo­rithmen in den Besitz von Informa­tionen, darunter beispiel­sweise, welche Interes­sen die Anwender verfolgen. Firmen könnten diese Informa­tionen nutzen, um gezielt Wer­bung zu schalten und Produkt­empfeh­lungen abzugeben.

Während sich einige Menschen mit perso­nalisierter Werbung, die ihren Interes­sen entspricht, wohlfühlen, stellen andere infrage, ob die an sie vermark­teten Produkte wirklich ihrem Vorteil gerei­chen oder ob sie nur Bestand­teil des Gewinn­strebens von IT-Gigan­ten wie Amazon oder Google sind.

Nehmen Sie an, Sie müssen öfter niesen und Ama­zons Alexa kommt zu dem Schluss, dass Sie krank sind – dann kann es pas­sieren, dass Ihnen beim Surfen im Netz gezielte Wer­bung für Grippe­medika­mente angezeigt wird. Diese wurden dann von einem Pharma­unternehmen produziert, das zwar für die Werbe­flächen bezahlt hat, aber mögli­cher­weise nicht die wirksam­sten Heilmittel für Sie sind.

Obwohl das eine rein hypo­thetische Situation ist, gibt es Beden­ken, dass dies das primäre Ziel der Entwick­ler der Software ist. Der techno­logische Fort­schritt von „Voice-Sniffer“-Algo­rithmen bis hin zu Smart Speakern, die tat­sächlich in der Lage sind, Gesund­heitsprobleme zu erkennen, ist bereits im Gange und viele gehen davon aus, dass die Idee in den kom­menden Jahren Realität wird.

Unter dem Aspekt der Gewinn­optimierung ist es logisch zu schluss­folgern, dass sich die IT-Giganten diese Technologie gewinn­bringend zunutze machen und geziel­tes Marketing betreiben werden. Wenn Anwen­der von einer Erken­nungssoftware profitieren wollen, müssten sie daher auch die damit verbundenen Marke­tinganstren­gungen in Kauf nehmen.

3. Die Schwierig­keiten bei der Unterschei­dung zwischen Mensch und KI

Neben der Möglichkeit, dass Smart Speaker Gesund­heitszustände erken­nen können, ist Amazons jüngste Partner­schaft mit dem britischen National Health Service (NHS) ein Hinweis darauf, dass der nächste Schritt für diese Geräte darin besteht, medizin­ische Informationen bereit­zustellen, wenn Benutzer gesund­heitsbezo­gene Fragen stellen. Könnten sie darüber hinaus potenziell zu Werkzeugen für die Diagnose und sogar die Behand­lung bestimmter Erkran­kungen werden?

Unter vielen anderen haben sich IBMs Watson und verschie­dene Google-Tools als bemer­kenswert kompetente Ärzte erwiesen, von der Brust­krebsdiagnose bis zur Analyse geneti­scher Daten. Sie können auch umsetz­bare Ratschläge zur Behand­lung geben. Was die Therapie anbe­langt, so haben sich sogar einfache Instant-Messaging-Aus­tausche mit Chatbots bei der Behand­lung psychischer Störungen als wirk­sam erwiesen. Diese Fähigkeit einer künst­lichen Intelligenz (KI), Gesund­heitspro­bleme zu erkennen und dann Rat­schläge – in einigen Fällen auch Behand­lungsvor­schläge – zu geben, ist eine zunehmend realitäts­nahe Idee. Eine therapeu­tische Einsatz­möglichkeit der Geräte wären „virtuelle Check-Ups“. Es scheint selbst­verständ­lich, dass Smart Speaker für Unter­suchungen da­heim einge­setzt werden.

Auch das wirft jedoch zusätz­lich zu den bereits erwähn­ten Fragen zu Privat­sphäre und Werbung weitere Beden­ken auf. Es besteht eine plau­sible Chance, dass die Menschen die Antworten von Smart Speakern ohne Hinter­fragen akzeptieren und sich nicht um eine ange­messene Diagnose und Behand­lung bemühen. Sollte Ihr Laut­sprecher in der Lage sein, medi­zinischen Rat anzubieten, wer ist verant­wortlich, wenn sich dieser Rat als falsch und potenziell schädlich erweist? Die Vor­schriften über den Einsatz der KI im Gesund­heits­wesen stecken bestenfalls in den Kinder­schuhen.

Es besteht auch die Möglich­keit, dass die Men­schen gar nicht merken, dass sie überhaupt mit einer Ma­schine sprechen. Google Duplex hat gezeigt, wie lebens­echt die KI sein kann, indem es sogar „Füll­wörter“ wie „äh“ und „ähm“ verwendet. Eine Konver­sation mit einer menschlichen Stimme kann beruhigend sein, wenn es um sensible The­men wie Gesundheit geht. Deswegen ist es denkbar, dass die hyper­realis­tische KI in intelli­genten Sprechern einge­setzt wird. Smart Speaker sind jedoch nicht an die ärztliche Schweige­pflicht gebunden, was bedeutet, dass Unter­nehmen Ihre Da­ten ohne Ihr Wissen nutzen könnten.

Smart Speaker können ein mäch­tiges Instrument für die Gesundheits­branche sein – und eines, das enorme Mengen Geld spart sowie Effizienz bei der Diagnose und Behand­lung von Patienten steigern kann. Den­noch muss Anwen­dern klar sein, mit wem – oder was – sie ihre Infor­mationen teilen und auf welche Weise diese genutzt werden.

4. Status: Unausgereiftes Konzept

Die Fähigkeit von Smart Speakern, lebens­bedrohliche Gesund­heitszustände zu erkennen, mag zu gut klingen, um wahr zu sein. In gewisser Wei­se ist sie es auch. Zwar wur­den bereits Experi­mente durch­geführt und Schlü­sse zu Gebrauchs­möglichkeiten gezogen, dennoch bleibt noch viel zu tun, um die Techno­logie vom Status eines geprüf­ten, aber unfertigen Konzepts zum alltäg­lichen Gebrauch zu erheben.

Auch hat die Forschung Schwierig­keiten, die verschie­denen Gesundheits­probleme technisch zu unter­scheiden. Beispiels­weise ist eine gestör­te Atmung ein ähn­liches Symptom wie die agonale Atmung. Mögliche Diag­nosen wären ein Schlag­anfall, Hypogly­kämie oder Krampf­anfälle. Sollte es sich bei diesen Erkrankungen um eine chronische Krankheit handeln, mit der eine Person seit ihrer Geburt zu tun hat, sind sie möglicherweise nicht lebensbedrohlich und könnten einen Fehlalarm auslösen.

Es bedarf also weiterer Anstren­gungen, um die Produkte irgend­wann auf den Markt zu bringen. In der Zwisch­enzeit können sich die Ver­braucher der möglichen Nach­teile bewusst sein machen, die mit den Geräten einher­gehen.

5. Sind einige Symp­tome ein Zeichen dafür, dass es zu spät ist?

Trotz der allgemei­nen Aufgeschlos­senheit gegenüber den Möglich­keiten, die diese Technologie bietet, sind einige Medi­ziner skeptisch, inwieweit Smart Speaker tat­sächlich Leben retten könnten. Ärzte erkennen die vielen Vor­teile, die die Geräte mit sich bringen, wie z.B. die Über­wachung einer Schlafapnoe oder das Erfassen von Symptomen psychischer Gesundheit.

Dennoch sind diese Fach­leute nicht in allen Punkten überzeugt. Z.B. wenn es darum geht, Herzstill­stände durch agonale Atmung zu erkennen. Dr. Satjit Bhusri, Assistenz­professorin für Kardio­logie am Lenox Hill Hospital, meint dazu: „Ago­nale Atmung ist im­mer ein Zeichen für eine Krank­heit im Endstadium, sei es durch einen Herzstill­stand oder auf andere Weise. Unser Ziel ist es, die Patien­ten aufzufangen, bevor sie dieses Stadium erreichen“, so Dr. Bhusri.

Bis ein Smart Speaker imstan­de ist, agonale Atmung zu erkennen, befindet sich der Patient in der Regel in einem kritisch­en Zustand. Das Erken­nen des Symptoms wäre also völlig nutzlos. Darüber hinaus können häufige erste Anzeich­en eines Herzstill­stands, zu denen Müdigkeit, Kurz­atmigkeit, Schwin­del und Brust­schmerzen gehören, von einem Smart Speaker möglicher­weise ebenfalls nicht erkannt werden. Das stellt die Wirksam­keit des intelligenten Laut­sprechers bei der Erken­nung lebens­bedrohlicher Symp­tome infrage.

Fazit

Bedenken zu techno­logischen Neuigkeiten in der Gesundheits­branche sollten individuell und sorgfältig abgewogen werden. Viele verschie­dene Menschen haben eine eigene Position dazu, inwieweit gesundheitliche Informa­tion in Technologien einfließen darf. Außer­dem wird trotz der hier aufgeführten Fragen in der laufenden For­schung erwartet, dass Smart Speaker einmal mehr Vorteile als Nach­teile mit sich bringen werden.


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