Im ersten Teil unserer Reihe „Leben mit Morbus Crohn - Tipps für Angehörige“, ermutigt Gast-Autorin Michaela Schara Menschen mit Morbus Crohn und deren Angehörige dazu, offen miteinander zu sprechen und auch unangenehme Dinge beim Namen zu nennen. Immerhin ist das Leben mit Morbus Crohn schon mühsam genug – auch ohne den Drahtseilakt mit Familie und Freunden, die nicht wissen, was sie sagen oder tun sollen. Dabei ist das Schlimmste, einfach gar nichts zu sagen und sich zurückzuziehen. Das jedenfalls sagt Michaela Schara. Sie gibt in unserer Serie zur chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn, Tipps für Freunde, Familie und Angehörige. Denn nicht nur Personen mit der Diagnose Morbus Crohn selbst, sondern auch Familie und Freunde stehen vor einer Herausforderung, wenn eine nahestehende Person die Diagnose Morbus Crohn erhält.
Teil 1: Reden, reden, reden, reden...
Miteinander, untereinander, mit Ärzten, medizinischem Personal, Selbsthilfegruppen, Therapeuten... zu Beginn, zwischendurch, danach – egal wann und wo: REDET! Oder sprecht, schreibt, zeichnet.
Stellt Fragen, fordert Antworten, tauscht euch aus und vergesst die Schüchternheit oder, dass man bestimmte Dinge, laut Benimmregeln, nicht beim Namen nennen soll. Die gelten nicht im Katastrophenfall und eine CED-Diagnose ist so einer.
Fragt konkret nach, wenn ihr etwas nicht versteht. Bittet darum, dass man es euch erklärt – wie das ist, wo es schmerzt, wie es dem°derjenigen gerade geht, was gerade los ist, was passiert ist, was geplant ist... Nicht um eine perverse Neugier zu befrieden, sondern um zu lernen, was das Ganze bedeutet.
Wenn der°die andere gerade zu KO ist, nicht reden kann oder will, dann haltet die Hand, seid da, gebt ohne Worte zum Ausdruck, dass ihr bereit seid zuzuhören und zu lernen. Es ist aber auch schon irr viel getan, wenn da einfach wer da ist, an den man sich anlehnen kann, ohne etwas sagen zu müssen. Auch das ist „Reden“.
„Wir brauchen kein Mitleid!“
Ihr müsst uns nichts abnehmen und wir brauchen kein Mitleid, keine distanzierte Rücksichtnahme. Wir brauchen einfach hin und wieder Menschen, die da sind und fallweise auch bereit sind, die hässlichen Fakten zu hören – denn dann erkennt man mitunter, dass die gar nicht so hässlich sind und es wird erträglicher. Das ist es, was man mit dem geteilten Leid, dass sich halbiert, meint.
Und wir brauchen dann und wann Menschen, die einfach nur da sind und mit uns reden, ohne etwas zu sagen. Denn dann wissen wir, dass wir einen Platz haben, wohin wir zurückkehren können, wenn dieser Schub zu Ende ist. Dieser Platz ist in eurer Mitte und das macht uns Mut. „Melde dich, wenn es dir besser geht oder du etwas brauchst!“, tut weh. Denn, seid ehrlich, dass ist nur ein „Hier hast du den Ball. Weil ich weiß nicht, wie und ob ich ihn werfen kann oder will.“
Als Betroffene°r ist man während eines Schubes im Ausnahmezustand und da fällt einem das aktive Kontaktaufnehmen (=Ballspielen) schwer. Dafür hört man die Zwischentöne bei solchen Höflichkeitsfloskeln umso lauter und hängen bleibt: „Ich weiß nicht, wie ich mit dir und dieser Situation umgehen soll. Also gehe ich auf Distanz.“ Was leider nur allzu verständlich ist, aber eben keinem von beiden hilft. Also: Nehmt euch den Mut (borgt ihn euch zur Not aus) und REDET mit uns.
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