Tage mit vollen Terminkalendern schreien nach einem Wochenende zum Füße hochlegen. Dann kann es Montag wieder frisch ans Werk gehen. Denn der Körper meldet sich nach großer Anstrengung mit einem Gefühl der Müdigkeit und sagt Ihnen damit: „Es reicht jetzt.“ Manchmal spielt auch das Wetter hinein und nach einer großen Hitzewelle überkommt Sie der Wunsch nach einem Mittagsschlaf. Lässt dieses Gefühl der Abgeschlagenheit und Kraftlosigkeit Sie jedoch nie mehr los und das auch noch völlig grundlos, haben Sie vielleicht das Fatigue-Syndrom. „Fatigue“ – französisch für „müde“ – bezeichnet ein chronisches Erschöpfungssyndrom.
Das ist Fatigue
Die Erschöpfung steht in keinem direkten Zusammenhang mit einer körperlichen oder geistigen Anstrengung. Betroffene sind dabei nicht nur „ein bisschen müde“, sondern erleben körperliche, seelische und geistige Zerschlagenheit. Auch durch Erholungspausen lassen sich die Energiequellen nicht wieder füllen und die Konzentration bleibt auf niedrigem Niveau. Es fällt schwer, sich Dinge zu merken oder einen Fokus zu halten.
Die Bewältigung des Alltags ist schwierig und belastend. Das senkt die Lebensqualität von Menschen mit Fatigue-Syndrom.
Berufstätigkeit und Arbeitszeiten sowie Freizeitaktivitäten müssen an Belastbarkeitsgrenzen angepasst werden. Denn oft haben Menschen mit Fatigue-Syndrom auch keine Kraftreserven, um den eigenen Haushalt zu managen.
Wen betrifft Fatigue?
Fatigue tritt zusammen mit Krebs, multipler Sklerose und anderen chronischen Erkrankungen in Erscheinung. Das Fatigue-Syndrom tritt während der Therapie auf, kann aber auch als Langzeit- oder Spätfolge einer Erkrankung oder Behandlung anhalten oder wiederkehren.
„Ich bin öfter sehr müde – heißt das, ich habe Fatigue?“ Personen mit Fatigue fühlen sich ohne eine vorherige Aktivität matt und ausgelaugt. Es gibt keine Gründe dafür: Nicht etwa das Wetter, die Arbeit oder Sport sind daran schuld. Der Energiemangel tritt plötzlich auf, sodass bei Betroffenen oft das Gefühl eines Kontrollverlusts entsteht. Dieser Zustand lässt sich durch eine Pause nicht verbessern.
Das sind die Symptome:
Körperlich
- Reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit
- Schwäche, Kraftlosigkeit, Gliederschwere
- Plötzliche, starke und dauerhafte Müdigkeit
- Anhaltendes Unwohlsein nach körperlicher Belastung
- Schlafstörungen
Seelisch - Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit
- Ängste, Anspannung, Frust, Reizbarkeit
- Desinteresse an Dingen, die früher Spaß machten
- Wunsch, sich zurückzuziehen
Geistig - Konzentrationsstörungen, Ablenkbarkeit, Vergesslichkeit
- Mangelnde Motivation und Interessenlosigkeit
- Wortfindungsstörungen
Um das Fatigue-Syndrom diagnostizieren zu können, muss man es von anderen Erkrankungen und Ursachen abgrenzen können, wie von einer Depression. Der behandelnde Arzt sollte sich viel Zeit für ein Gespräch mit Ihnen nehmen. Er stellt Fragen zu Ihrem genauen körperlichen und geistigen Zustand, zu Veränderungen durch vorgenommene oder bestehende Behandlungen und analysiert die Auswirkungen, die Ihre Erschöpfung zutage fördert. Andere mögliche Ursachen für Ihre Erschöpfung können auch beispielsweise ein Eisenmangel oder andere körperliche Defizite sein, die durch Blutabnahme und weitere diagnostische Verfahren geprüft werden.
Wie entsteht Fatigue?
Fatigue entsteht durch multifaktorielle Ursachen – also aus sehr vielen Gründen, die oft ineinander spielen. Das Erschöpfungssyndrom erscheint im Zusammenhang mit den Therapien anderer Erkrankungen wie Krebs oder Multipler Sklerose. Die Behandlungen infolge der anderen Diagnosen kann zu Veränderungen von Stoffwechsel, Hormonhaushalt und Gehirnfunktionen führen. Man vermutet eine Beeinflussung des Hypothalamus (Gehirnareal, das für Aufmerksamkeit und Wachsamkeit verantwortlich ist) oder eine Störung der Informationsweiterleitung durch das Rückenmark.
Auch äußere Umstände, die den Körper psychosomatisch beeinflussen, können eine Rolle spielen. Darunter fallen z.B. soziale Belastungen, Stresssituationen und finanzielle Sorgen. Es kann vorkommen, dass das Fatigue-Syndrom daher von einer Depression begleitet wird.
Behandlung und Umgang mit Fatigue im Alltag
Ihr medizinischer Betreuer wird sich mit Ihnen ein stufenweise strukturiertes Trainingsprogramm überlegen. Darunter befinden sich Übungen zu den Themen:
- Moderates und sanftes Ausdauertraining wie Nordic-Walking oder Schwimmen
- Psychologische Unterstützung durch Selbsthilfegruppen oder Therapie
- Ergotherapie (z.B. Kunsttherapie) und kognitives Training (z.B. Gehirnjogging)
- Lichttherapie mit speziellen Lampen: Sehr helles, weißes Tageslicht aktiviert die Zirbeldrüse und lindert die Erschöpfungssymptome und die depressiven Symptome.
Erfahrungsgemäß gibt es keine Hausmittel gegen diese Form der Erschöpfung. Dennoch können Sie etwas tun. Beziehen Sie Freunde, Familie und Kollegen in Ihre Diagnose mit ein. Erklären Sie Ihren Erschöpfungszustand und die auftretenden Konzentrationsprobleme. Ein informiertes Umfeld ist wichtig, um Verständnis für das Thema zu wecken und um Sie im Alltag zu unterstützen. Mit stetiger Therapie kann sich Fatigue schrittweise bessern, es ist jedoch davon auszugehen, dass Sie nicht in den Zustand ohne das Syndrom zurückkehren werden. Daher hilft Menschen Fatigue ein geregelter Ablauf von täglichen Aufgaben, die sie weder unter- noch überfordern.
Fatigue im Beruf: Betroffene sollten Ihren Vorgesetzten ihre Diagnose mitteilen und darauf achten, dass sie immer ausreichend Pausen während ihren Tätigkeiten einschieben können. Eine sehr schwere Form des Fatigue-Syndroms kann sogar zur Berufsunfähigkeit und frühen Rente führen.
Diese Tipps helfen Ihnen im Umgang mit Fatigue im Alltag
Delegieren Sie Aufgaben im Alltag – Sie müssen nicht alles allein oder sofort erledigen. Sprechen Sie offen mit Ihren Mitmenschen über die Diagnose. Nur so erlangen Sie Verständnis für Ihre Grenzen und ein offenes Ohr für sich und alle Menschen, die das Fatigue-Syndrom haben.
Sie können lernen, Ihre Energie bestmöglich einzuschätzen und das meiste aus Ihren kraftvolleren Phasen herauszuziehen, indem Sie ein Energietagebuch führen.
Sie erfahren auf diese Art, wie sie eine Balance zwischen Unter- und Überforderung finden und lernen auf Ihren Körper, Ihren Geist und Ihre Seele zu hören: Zu welchen Zeiten bin ich extrem müde? Wann kann ich keine Konzentration aufbringen? Schreiben Sie die Symptome der Fatigue auf.
Dazu legen sie ein klassisches Journal an, führen einen Kalender oder nutzen Apps wie die My-Therapy-App (kostenlos für iOS und Android), die sie mit einem Symptomtagebuch bei der Therapie unterstützt. In diesem Blog-Post finden Sie eine Übersicht zu hilfreichen Apps für den Alltag, die Sie beim Thema Achtsamkeit und Entspannung fördert.
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