„Kleine Anmerkung vorneweg schonmal: Ich sehe mich nicht per se als ‚Angehörige der Risikogruppe‘“, antwortet mir Diabetes-Bloggerin Sandra (Sandriabetes), nachdem ich sie frage, wie sie mit der Corona-Krise umgeht und ob sie Tipps für Menschen hat, die aufgrund einer Erkrankung zur viel-zitierten SARS-CoV-2-Risikogruppe zählen. Sandra ist bei weitem nicht die Einzige, die das Thema Zugehörigkeit zur Risikogruppe anspricht, wodurch mir schnell bewusst wird, dass sich Menschen mit Diabetes und ihre Angehörige viele Gedanken zu diesem Thema machen.
Sich mit aktuellen und zuverlässigen Informationen zum Thema Diabetes und Coronavirus zu versorgen, ist gar nicht so leicht – eine einzige Quelle scheint dafür jedenfalls nicht zu reichen. Das Robert-Koch-Institut schreibt, dass verschiedene Grunderkrankungen wie Diabetes unabhängig vom Alter das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit COVID-19 zu erhöhen scheinen. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft <span>(</span>DDG<span>)</span> besteht das Risiko für einen schweren Verlauf bei Menschen mit Begleit- und Folgeerkrankungen des Diabetes, wie Herzkreislaufproblemen oder Organschäden. Und dass bei vielen Menschen mit Diabetes die Insulinwirkung bei fieberhaften Atemwegsinfektionen schwächer ist, wird von der Deutschen Diabetes Hilfe in ihrem Coronavirus-Infomaterial beschrieben. Fühlen sich Menschen mit Diabetes oder ihre Angehörigen denn gut informiert? Wir haben diese und weitere Fragen zum Thema Coronavirus gestellt.
Übrigens: Viele der Diabetes-Blogger, die sich hier zu Wort melden, haben Typ-1-Diabetes, andere sind Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes oder haben Typ-2-Diabetes. Auf ihren Blogs erfahrt ihr es ganz genau.
1. „Wie schützt du dich gegen eine Coronavirus‑Infektion?“
Hier sind sich alle einig: Natürlich an die Vorgaben halten, um sich und andere zu schützen. Dazu gehören das regelmäßige und gründliche Händewaschen (bei Betti in Begleitung eines kleinen schiefen Solokonzerts, mit Zugabe) und Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen Menschen zu halten.
„Wenn ich unterwegs bin, trage ich Einmalhandschuhe, halte den Sicherheitsabstand ein und wasche mir daheim nochmal gründlich die Hände. Lediglich beim ‚Happy Birthday‘ singen während des Waschvorgangs hapert es etwas und ich bin auf ‚Alle meine Entchen‘ umgestiegen, aber das dann natürlich auch doppelt und richtig schön schief gesungen.“
– Betti (Happy Carb)
Für Kathy ist es nichts Neues, auf Hygiene zu achten und so die Verbreitung von Krankheiten zu reduzieren.
„Die Empfehlungen der Wissenschaftler:innen sind sehr eindeutig und waren für mich schon immer logisch und Teil meines Alltags. Daher habe ich für mich nichts in meinem Leben ändern müssen. Ich nehme es nur noch genauer.“
– Kathy (DIAPOLITAN)
Im Zusatz zur Einhaltung der Hygienevorschriften bleiben alle so viel sie können zu Hause und gehen hauptsächlich zum Einkaufen oder Spazieren raus. Soziale Kontakte sind eingeschränkt; stattdessen wird viel telefoniert und gechattet. Auch die Arbeit findet, wenn möglich, zu Hause statt – wofür sich Kathy glücklich schätzt.
„Wir schützen uns, indem wir seit fast zwei Wochen ‚social distancing‘ leben. Wir verbringen die Tage im Haus oder im eigenen Garten. Ich und mein Mann, wir arbeiten im Home-Office – ich weiß auch, dass das nicht alle können und weiß es sehr zu schätzen, dass ich diese Möglichkeit habe – und unsere Tochter bekommt ihre Schulaufgaben per Microsoft Teams. Kontakt zu Familie und Freunden (auch unsere Tochter) haben wir via Telefon oder die Sozialen Medien. Ansonsten gehen wir nur noch einmal in der Woche zum Einkaufen. Wir waschen unsere Hände öfters. Mehr können wir derzeit nicht tun.“
– Kathy (Kinder mit Typ 1 Diabetes)
Sandra ist sogar noch vorsichtiger, weil sie grippeähnliche Symptome hat.
„Ich versuche, die vorgegebenen Maßnahmen zu befolgen, also Händewaschen, Hust-/Niesetikette, zur Zeit bin ich in Selbstquarantäne, da ich eine hartnäckige Erkältung mit Husten habe und eben nicht sicher sein kann, ob es wirklich nur eine Erkältung ist. Also bleibe ich Zuhause, gehe nicht einkaufen etc. Eine kleine Runde spazieren klappt trotzdem, hier auf dem platten Land zwischen den Feldern ist es nicht schwer, Abstand zu anderen Menschen zu halten.“
– Sandra (Sandriabetes)
2. „Was hilft dir gerade mit deinem körperlichen und seelischen Wohlbefinden?“
Bewegung und leckeres Essen stehen jetzt bei vielen Diabetes-Bloggern auf dem Plan. Rezepte auszuprobieren oder sich auch mal kleine Naschereien zu gönnen, tut eben gut. Und den Sport kann man bei gutem Wetter damit kombinieren, frische Luft zu bekommen, was auch mit dem Stressabbau hilft. Ilka hat sogar einen Strand in der Nähe, wo sie ihre Runden drehen kann.
„Zu meinen körperlichen Wohlbefinden gehört auf jeden Fall Bewegung an der frischen Luft. Die kommt derzeit natürlich etwas zu kurz. Da ich aber in einer eher dünn besiedelten Gegend wohne, direkt an der Nordsee, versuche ich dennoch zumindest alle paar Tage einen langen Spaziergang am Strand zu machen, um viel frische Luft zu tanken. Auch wenn es nicht unbedingt ratsam ist in Zeiten von wenig Bewegung mehr zu essen, verzichte ich dennoch nicht auf meine tägliche Dosis Schokolade (vielleicht auch ein wenig mehr als sonst), denn die gehört neben Kaffee und frischen Blumen ebenfalls zu meinem persönlichen Wohlbefinden.“
– Ilka (Mein Diabetes Blog)
„Ich gehe einmal am Tag alleine laufen oder spazieren. Wenn ich mein Pensum erreicht habe, setze ich mich noch auf eine Parkbank in die Sonne. Dabei begleiten mich nur Musik, Hörbücher oder Podcasts. Das mache ich bei intensiven Home-Office-Zeiten generell. Für das Wochenende habe ich mich zum Kochen mit einer Freundin verabredet, die 1000 km entfernt wohnt. Wir werden per Videochat gemeinsam ein Rezept ausprobieren. Jede in der eigenen Küche. Man muss eben das Beste aus dieser Situation machen. Die Kreativität, die einige dabei entwickeln, ist herausragend und gibt mir persönlich sehr viel.“
– Kathy (DIAPOLITAN)
„Ich genieße es, gemeinsam mit meinem Mann zu kochen, gesunde neue Rezepte zu entwickeln und diese im Happy-Carb-Blog zu veröffentlichen. Gegessen wird immer und dazu hält gutes Essen Leib und Seele zusammen. Das gilt in der Corona-Krise ganz besonders. Es sind auch die kleinen Freuden, die jetzt besonders zählen. Mein praktischer Tipp ist, mal wieder in ein schönes Buch abzutauchen und alles drumherum für einige Stunden zu vergessen. Herrlich, und ich werde in den nächsten Wochen sicher noch lesend einige wilde Abenteuer erleben.“
– Betti (Happy Carb)
Mit Spaziergängen draußen in der Natur und den Hobbies zu Hause kriegt man die Zeit gut rum. Auch die Routine, die durch die Arbeit eingehalten wird, hilft Kathys Familie:
„Uns hilft zum einen Arbeiten. Kling komisch, aber dadurch erhält der Vormittag etwas 'Normalität' und man ist mit anderen Dingen beschäftigt, als mit dem Virus. Ansonsten habe ich mal wieder etwas mehr Zeit zu lesen und wir verbringen die Abende gerne auch mal gemeinsam bei einem Brettspiel. Wir leben auf dem Land und können daher am Nachmittag im Wald spazieren gehen, ohne dass wir jemandem begegnen. Ganz ohne Bewegung geht es einfach nicht.“
– Kathy (Kinder mit Typ 1 Diabetes)
„Zu Hause mache ich Homeworkouts mit Hilfe von Apps oder Youtube-Videos, auch gehe ich jeden Tag eine Runde an der frischen Luft im Wald spazieren. Zu Hause mache ich Dinge, für die ich sonst im Alltag weniger Zeit finde, ich lese ein Buch und höre Musik. Außerdem bin ich momentan viel bei Instagram unterwegs und skype viel mit Freunden auf der ganzen Welt.“
– Lisa (Lisabetes)
„Ich persönlich empfinde die Einschränkungen nicht als so dramatisch. Ich halte Kontakt per Telefon und Internet zu Freunden und Familie. Ansonsten trinke ich jede Menge Salbeitee (hilft mir gegen Husten und Halsschmerzen) und versuche mich zu erholen. Gegen die Langeweile und um nicht den ganzen Tag nur vor irgendeinem Bildschirm zu sitzen versuche ich mich an Dingen, die sonst auf der Strecke bleiben. Zu Hause ausmisten, nähen, lesen… all das, wofür sonst die Zeit gefühlt nie ausreicht.“
– Sandra (Sandriabetes)
Kathys (Kinder mit Typ 1 Diabetes) Tochter fehlt der persönliche Kontakt zu ihren Freunden sehr, trotz Chats und Videoanrufen. Der direkte Kontakt ist doch etwas anderes. Und während Kontakt zu Freunden und Familie guttun kann, kann es auch zu viel werden. Kathy (DIAPOLITAN) hat es geholfen, das Thema Coronavirus zu meiden, damit es in jedem Gespräch nicht nur um die Krise geht und anstrengend wird.
„Viele leiden darunter, dass sie alleine sind. Ich habe den gegenteiligen Effekt in meinem Leben. Ich muss sehr strikte Grenzen ziehen in Bezug auf die sozialen Kontakte. Gestern habe ich mit 30 Menschen virtuellen oder telefonischen Kontakt gehabt. Plötzlich haben eben alle auf einmal Zeit. Das ist mir sogar zu viel, zumal es immer nur ein Thema gibt. Ich sage daher mittlerweile, dass man über das Thema nicht mehr mit mir reden darf. Stattdessen frage ich nach etwas Positivem aus dem Leben der jeweiligen Person. Ich möchte viel lieber wissen, was der schönste Urlaub war, welches Buch als letztes gelesen wurde oder welche Serie gerade geschaut wird. Das bringt mir dann sogar Anregungen für das eigene Leben.“
– Kathy (DIAPOLITAN)
Während Antje sich in Hinblick auf den Coronavirus nicht gestresst fühlt, hatte Betti anfangs Sorgen, die sie inzwischen überwinden konnte.
„Mir geht es körperlich und seelisch gut, um mich persönlich mache ich mir angesichts von Corona wenig Sorgen. Insofern brauche ich kein spezielles Wohlfühlprogramm wegen Corona.“
– Antje (Süß, happy und fit)
„In der ersten Woche der Corona-Beschränkungen habe ich deutlich gespürt, dass beklemmende Gefühle und auch diffuse Ängste spürbar wurden. Klar, es trifft mich als freiberufliche Autorin natürlich wirtschaftlich hart, wenn die Buchhandlungen geschlossen sind, und so machte sich ein großes Unsicherheitsempfinden breit. Inzwischen bin ich vom Kopf her besser angekommen und nehme die Situation mit Gelassenheit hin. Es ist, wie es ist. Panik vertreibt den Virus nicht, so wie Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht.“
– Betti (Happy Carb)
Neben gedanklicher Verarbeitung und Zeit haben Betti die erwachende Natur, Frühlingssonne und die ersten Aktivitäten im Garten geholfen, den Kopf frei zu bekommen. Die Arbeit an den nächsten Buchprojekten ist zukunftsorientiert, lenkt sie ab und macht deutlich, dass es ein Leben nach Corona geben wird.
„Nicht den ganzen Tag über dem Virus brüten, sondern an dem arbeiten, was dann im Herbst und im nächsten Jahr kommen wird. Ich habe ja das Privileg, dass ich von daheim arbeite. Mein Tagesablauf hat sich daher kaum verändert und nachdem ich den Krisenmodus im Kopf wieder verlassen hatte, kam auch wieder der Schwung und die Lust, an neuen Büchern zu arbeiten, die im Herbst und im nächsten Jahr erscheinen werden. Es ist übrigens auch ein Diabetes-Buch dabei und das motiviert mich umso mehr.“
– Betti (Happy Carb)
3. „Fühlst du dich gut informiert, was Coronavirus im Zusammenhang mit deiner chronischen Erkrankung angeht?“
Alle sind sich einig, dass es sehr viele Informationsquellen zum Thema Coronavirus gibt und dass auch einige sehr gute Quellen dabei sind.
„Ja, ich fühle mich sehr gut informiert. Ich kann jedem nur den Podcast vom Robert-Koch-Institut empfehlen. Wissenschaftskommunikation ist auch ein Teil meines Berufs und ich bewundere gerade, wie gut die betreffenden Personen ihren Job machen. Fachlich ziehe ich da den Hut!“
– Kathy (DIAPOLITAN)
„Es gibt viele Informationsseiten wie z.B. diabetes-online.de die einen immer auf dem Laufenden halten und ganze Linklisten mit hilfreichen Seiten erstellt haben. Dadurch fühle ich mich stets gut informiert.“
– Lisa (Lisabetes)
Doch die Vielfalt an Informationen zum Coronavirus bringt auch Nachteile: Zum einen muss man
alles selbst filtern, schreibt Ilka. Andererseits ist es auch wichtig, sich vom Thema zu distanzieren, wie Betti feststellt – sonst kann es zu viel werden. Trotzdem fühlen sich beide gut informiert.
„Über zu wenig Informationen kann man derzeit ja nicht gerade klagen. In den Medien gibt es derzeit gerade kaum ein anderes Thema als Corona und Covid-19. Schwer finde ich es, die richtigen und wichtigen Informationen heraus zu filtern. Denn gerade in den sozialen Medien werden viele Gerüchte und Unwahrheiten verbreitet. Durch meinen Beruf und der Tatsache, selber mit einer chronischen Krankheit zu leben, fühle ich mich ausreichend und gut informiert.“
– Ilka (Mein Diabetes Blog)
„Ich lese viel in den passenden Medien und verlasse mich da auf die Informationen, die von fachkundiger Stelle zur Verfügung gestellt werden. Es gibt in den Medien fast schon ein Informationsüberschuss, der einem wahrscheinlich früher oder später auch auf die Nerven gehen kann. Um mich selbst damit nicht zu überfrachten, habe ich daher auch die Menge an Informationen reduziert und schaue nur noch am Morgen und nochmal am Abend, wie die aktuelle Entwicklung gibt. Sonst verschluckt Corona ja das ganze Leben und das ist kein schöner Gedanke.“
– Betti (Happy Carb)
Wenn es jedoch darum geht, ob man selbst der Risikogruppe von Menschen angehört, die einen schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion haben könnten, sind sich manche Diabetes-Blogger unsicher.
„Es gibt viele Informationsquellen. Manche sagen ‚gut eingestellt‘ – alles kein Problem, andere wieder, dass auch Typ-1-Diabetiker extrem auf sich aufpassen müssen. Ich selbst bin verunsichert, denn was ist ein ‚gut eingestellter Diabetiker‘? Und auch gut eingestellte Diabetiker können bei einem starken Infekt eine Blutzuckerentgleisung bekommen oder eine Keto. Wir haben das leider schon zweimal erlebt und mussten mit Infekten ins Krankenhaus. Das macht mir ein bisschen Sorge, da ich nicht weiß, wie meine Tochter mit dem Virus zurechtkommen würde. Auch wenn ihr Langzeitwert immer sehr gut ist. Aber das heißt ja auch nicht unbedingt, dass der Diabetes ‚gut eingestellt‘ ist.“
– Kathy (Kinder mit Typ 1 Diabetes)
Auch Antje findet, dass in den Informationen klarer definieren werden müsste, wer der Risikogruppe angehört.
„Grundsätzlich [fühle ich mich] schon [gut informiert], was aber auch daran liegt, dass ich als Medizinjournalistin quasi ‚an der Quelle‘ sitze und viele Informationen erhalte, die andere nicht oder erst deutlich später erhalten. Ich beobachte in der Diabetes-Community zum Teil große Verunsicherung, was ihr Risikoprofil angeht. Das liegt m. E. vor allem daran, dass – wie so oft – nicht differenziert wird zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes, zwischen ansonsten gesunden Menschen mit Diabetes und denen mit Folgeerkrankungen, Organschäden etc. Nur letztere sind besonders gefährdet. Wer abgesehen von seinem Diabetes gesund und fit ist, hat kein höheres Risiko für schwere Komplikationen oder gar Sterberisiko als Stoffwechselgesunde. Das scheinen noch nicht alle verstanden zu haben und machen sich deshalb oft unnötige Sorgen.“
– Antje (Süß, happy und fit)
Kathy weist darauf hin, dass das Alter von Menschen mit Diabetes keine gute Definition dafür ist, wer ein erhöhtes Risiko hat. Im Allgemeinen sei es sehr schwierig, das Risiko vorherzusagen.
„Ich fühle mich selbst nicht der Risikogruppe zugehörig. Dennoch habe ich mich sehr über die Pressemitteilung geärgert, die von DiabetesDE herausgegeben wurde und damit betitelt war, dass junge Menschen mit Typ 1 Diabetes keine Risikogruppe seien. Darin sah ich die Angst und Verunsicherung vieler Menschen nicht sonderlich ernst genommen. Die Zugehörigkeit zur Risikogruppe ist sowohl medizinisch, als auch persönlich etwas sehr Individuelles. Mir würden genug junge Menschen mit Typ 1 einfallen, die gewiss zur Risikogruppe gehören. Anders herum kenne ich Menschen mit Typ 1 jenseits der 50, bei denen man sich weniger Sorgen machen muss. Tatsache ist aber, dass niemand jemals eine Wahrsagerkugel mit dem Virus SARS-Cov2 oder der dadurch verursachten Lungenerkrankung Covid-19 ausgeliefert bekam. Es gibt Wahrscheinlichkeiten, die in der Presse genannt werden und viele verunsichern. Ich sage verängstigten Menschen in meinem Umfeld, dass wenn sie bisher keine Angst vor der richtigen Grippe hatten, müssten sie jetzt auch keine Angst vor dem neuen Virus haben. Das ist medizinisch und wissenschaftlich zwar ungenau, aber menschlich und psychologisch ist es meiner Meinung nach definitiv besser. “
– Kathy (DIAPOLITAN)
Sandra fühlt sich auch nicht der Risikogruppe zugehörig. Für sie sind die Hygiene- und Verhaltensmaßnahmen zum Schutz anderer Menschen wichtiger.
„Da ich keinerlei Vorerkrankung der Lunge oder Atemwege habe, sehe ich mich nicht als besonders gefährdet an. Deshalb habe ich mich damit gar nicht weiter beschäftigt, als die ‚normalen‘ Infos, die man z. B. über das RKI bekommt. Ich sehe mich zurzeit deutlich mehr in der Verantwortung, andere nicht möglicherweise anzustecken. Diabetes ist auch nicht immer an allem und jedem Schuld.“
– Sandra (Sandriabetes)
4. „Hast du schon mit deinem Arzt/deiner Ärztin gesprochen? Hatte er/sie Tipps?“
Die wenigsten Diabetes-Blogger, die wir gefragt haben, haben mit ihren Ärzten Kontakt wegen dem neuartigen Coronavirus gehabt. Bei Kathys Tochter stand am Anfang des Ausbruchs sowieso ein Termin beim Diabetologen an.
„Wir konnten mit unserem Kinderdiabetologen auch über das Thema sprechen, da wir einen der letzten Ambulanztermine hatten. Am nächsten Tag wurde die Kinderamublanz erstmal geschlossen und ist nur noch für Notfälle da. Verständlich. Auch er sagt, wir sollen uns nicht verrückt machen. Aber, wie der Virus dann wirklich im Körper und auf den Blutzucker wirkt, konnte er auch nicht sagen. Nur dass es wahrscheinlich nicht schlimm wird, da Kinder (auch Jugendliche?) bisher ja eher mit leichten Symptomen diese Krankheit durchmachen. Ganz beruhigt mich dies nicht, siehe oben. Die Sorge bleibt immer.“
– Kathy (Kinder mit Typ 1 Diabetes)
„Meine Ärztin riet auch mir so viel zu Hause zu bleiben, wie es geht. Dennoch jeden Tag kurz an die frische Luft zu gehen und mich an die Hygienevorschriften zu halten.“
– Lisa (Lisabetes)
„Ich habe nicht mit Ärzt:innen gesprochen, die mich behandeln, aber mit welchen aus meinem Freundeskreis. Da hört man nichts anderes: Hände waschen, Abstand halten und bitte keine Panik haben oder gar verbreiten. Während ich entspannt zu Hause sitze, leisten diese Menschen aber gerade einen gigantischen Job. Schon vorher hatte ich viel Respekt vor den Berufen, die nun als ‚systemrelevant‘ bezeichnet werden. Jetzt noch mehr!“
– Kathy (DIAPOLITAN)
„Ich hatte nur Kontakt am Telefon zu meiner Hausärztin bzgl. meiner aktuellen Erkältung, aber da ist der Diabetes kein Thema gewesen. Wie gesagt, ich sehe da aber auch für mich kein besonderes Risiko.“
– Sandra (Sandriabetes)
Antje, Betti und Ilka hatten bisher keinen Bedarf, sich ärztlichen Rat einzuholen.
„Nein, bisher nicht. Da ich aktuell keinerlei gesundheitliche Probleme habe, will ich nirgends blockieren und Zeit beanspruchen, wo andere Menschen dringender Hilfe brauchen. In einer solchen Krise müssen Prioritäten gesetzt werden und ich plane frühestens im Mai, wenn die Messung des Langzeitwertes ansteht, wieder bei meinem Hausarzt, der auch gleichzeitig mein Diabetologe ist, aufzuschlagen.“
– Betti (Happy Carb)
„Nein, ich habe keine Angst vor COVID-19 und hatte bislang keine speziellen Fragen, die ich mit meinem Diabetologen besprechen wollte. Da ich beruflich über Diabetes schreibe und Zugang zu vielen Quellen habe (siehe oben) und ohnehin ständig in Kontakt mit Ärzten und Fachleuten bin, ist meine Antwort hier aber vielleicht nicht so repräsentativ.“
– Antje (Süß, happy und fit)
„Nein. Mein Quartals Termin lag vor dem Ausbruch von Corona. Und ehrlicherweise sehe ich auch keinen Bedarf. Ich fühle mich bereits ausreichend informiert, weiß aber auch, dass ich bei Bedarf jeder Zeit meinen Arzt kontaktieren kann.“
– Ilka (Mein Diabetes Blog)
Silke fand es wichtig, sich beim Pharmaversand zu informieren, ob es Lieferengpässe geben könnte, die ihre Tochter betreffen könnten.
„Als Mutter von einer Junior-Diabetikerin bin ich natürlich angespannt und habe mich bei unserem Pharmaversand erkundigt, ob es irgendwie Probleme mit der Lieferung von Hilfsmitteln gibt. Zu meiner Erleichterung erfuhr ich, dass die Lager dort gut gefühlt sind. Insulin haben wir eigentlich immer für mehrere Monate im Kühlschrank. Jetzt noch ein bisschen mehr.“
– Silke (Zuckermutter)
5. „Was funktioniert besonders gut für dich gerade? Hast du einen Tipp für andere Menschen, die aufgrund einer Krankheit zur viel-zitierten Risikogruppe zählen?“
Sich an die von den Behörden empfohlenen Verhaltensregeln zu halten, ist auf jeden Fall Tipp Nummer eins. Antje rät außerdem, auf den Rat des eigenen Diabetesteams zu vertrauen und auf keinen Fall in Panik zu geraten.
„Und ganz wichtig: Lasst euch nicht verrückt machen. Nicht alle Menschen mit Vorerkrankungen sind von Vornherein prädestiniert für schwere Verläufe. Wer eine gute körperliche Gesamtkonstitution hat, sollte seinem Körper auch zutrauen, im Falle einer Infektion mit COVID-19 klarzukommen. Das ist sicher kein Spaß, Menschen mit Diabetes erleben dann wahrscheinlich auch nicht so schöne Glukoseverläufe. Aber es geht bei dem Stichwort ‚Risikopatient‘ ja vor allem um das Risiko, dass man wegen einer schweren Lungenentzündung und Atemproblemen auf die Intensivstation und an die künstliche Beatmung muss, ggf. sogar an COVID-19 stirbt. Bei diesem Risiko sollte man nicht alle Menschen mit Diabetes über einen Kamm scheren, das löst nur unnötige Panik aus.“
– Antje (Süß, happy und fit)
Betti und Kathy finden es hilfreich, mit anderen über Sorgen zu reden und sich Rat zu holen. Mit anderen zu reden gehört für Sandra zum Job und wird sich während der Corona-Krise eher schwierig gestalten.
„Mir hat nach dem ersten Schreck geholfen, dass mir bewusst wurde, dass ich mein Krankheitsrisiko durch mein eigenes Zutun stark beschränken kann und gleichzeitig dabei helfe, die Pandemie besser zu überstehen. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Zu einem Teil auch selbst die Steuerfrau zu sein, reduziert das Gefühl ausgeliefert zu sein, gerade wenn man zu einer Risikogruppe gehört. Ansonsten viel telefonieren und so den Kontakt zur Familie und den Freunden halten. Wir sind soziale Wesen und brauchen Kontakt für unsere seelische und körperliche Gesundheit. Nur jetzt eben etwas anders, als wir das sonst gewohnt sind. Aber das klappt sehr gut, man muss es nur wollen und sich darum bemühen.“
– Betti (Happy Carb)
„Tipps habe ich nicht wirklich, als sich an die strengen Regeln zu halten. Versucht ‚social distancing‘ einzuhalten, damit wir diese Zeit so schnell wie möglich überstehen. Je mehr wir jetzt auch aufeinander achten, desto schneller kommen wir durch diese Zeit. Und was immer hilft, reden, reden, reden. Redet darüber, wenn Euch was bedrückt.“
– Kathy (Kinder mit Typ 1 Diabetes)
„Ich finde, dass Abstand zueinander halten der aktuell wichtigste Punkt ist. Allerdings arbeite ich als Sozialarbeiterin und überlege schon, wie ich nächste Woche wenn ich zurück zur Arbeit gehe, das umsetze und trotzdem für meine Klienten erreichbar bleibe. Nicht alles lässt sich per Telefon und Mail regeln, zudem denke ich, dass man da ein gesundes Mittelmaß zwischen notwendigem Abstand und unverzichtbarem Kontakt finden muss.“
– Sandra (Sandriabetes)
Ilka denkt, dass sich jeder selbst am besten kennt und am besten einschätzen kann, was man jetzt braucht. Lisa ist froh, dass sie im digitalen Zeitalter trotz Quarantäne gut vernetzt bleiben und sich mit anderen austauschen kann.
„Auch wenn ich zur sogenannten Risikogruppe gehöre, besteht für Menschen mit einem gut eingestellten Typ-1 Diabetes kein erhöhtes Infektionsrisiko. Was für mich gut funktioniert, muss natürlich nicht für jeden funktionieren, aber ich versuche mich nicht unnötig verrückt zu machen und halte mich, wie zuvor bereits erwähnt, an die empfohlenen Verhaltensregeln. Jeder Mensch mit einer chronischen Erkrankung kennt sich und seinen Körper selbst am besten und sollte darauf basierend entscheiden, was in dieser Situation das Beste für einen ist.“
– Ilka (Mein Diabetes Blog)
„Durch das Internet, besonders die Instagram-Storys der anderen und Skype fühle ich mich weiterhin vernetzt und nicht ganz so alleine. Es ist beruhigend, die anderen trotz Social Distancing sehen zu können, mit ihnen auch mal sprechen zu können und zu sehen, wie sie mit der Situation umgehen. Im Prinzip gibt es kaum eine bessere Zeit für eine Quarantäne. Durch die online Vernetzung haben wir auch zu Hause so viele Möglichkeiten mit anderen in Verbindung zu bleiben, das ist toll!
Ich finde besonders im Moment ist der Zusammenhalt und die Empathie in der Online-Community groß. Man spürt, dass es vielen so geht, wie einem selbst und dass Bedarf für Austausch besteht. Das #Wirsindviele-Gefühl war nie stärker.“
– Lisa (Lisabetes)
Ansonsten tut es Lisa gut, jeden Tag ein bisschen Bewegung zu bekommen, am besten an der frischen Luft oder auch zu Hause, und sich gesund, vor allem mit vielen Vitaminen zu ernähren, um weiterhin Energie zu haben und das Immunsystem zu stärken. Sie sitzt gerne am Fenster und genießt die Sonne. Sie rät, ein gesundes Mittelmaß zu finden, wenn es darum geht, sich über das neuartige Coronavirus zu informieren.
„Ich versuche mich täglich auf den richtigen Seiten und Nachrichten zu informieren. Danach ist aber ‚Corona-Pause‘, um mich nicht verrückt zu machen. Es ist wichtig, dass man auf seriöse Quellen zurückgreift und sich von der übertriebenen Panik distanziert. Damit wird man nicht glücklich, sondern macht sich nur zu viele Sorgen. Wenn wir alle besonnen und mit vernünftigem Menschenverstand handeln, ist allen am besten geholfen."
– Lisa (Lisabetes)
6. „Was wünscht du dir jetzt von deinen Mitmenschen?“
Durch die SARS-CoV-2-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen erleben wir schöne und weniger schöne Reaktionen bei unseren Mitmenschen, sagt Betti. Antje hofft, dass auch nach der Krise die positiven Auswirkungen, wie mehr Solidarität und Engagement, bestehen bleiben.
„Ich wünsche mir gegenseitige Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft wo notwendig und möglich und vor allen Dingen Solidarität, denn alle Menschen sind wichtig. Eine ernste Krise bringt Licht und Schatten der Menschen hervor und ich hoffe, dass am Ende der Corona-Krise die Sonne heller strahlt als jemals zuvor, und wir als Gemeinschaft gereift sind, um die nächsten Herausforderungen der Menschheit zu bestehen.“
– Betti (Happy Carb)
„Es gibt aktuell so viele schöne Beispiele für Solidarität und bürgerliches Engagement in diesen Tagen – ich wünsche mir, dass dies so bleibt, auch wenn die Epidemie so richtig an Fahrt gewinnt. Und ich wünsche mir, dass sich nach der Coronakrise ein paar unserer Prioritäten nachhaltig verschieben. Weniger ‚ich ich ich‘, mehr Gemeinsinn, Solidarität mit den Schwächsten unserer Gesellschaft etc.“
– Antje (Süß, happy und fit)
Ilka und Sandra wünschen sich von ihren Mitmenschen, nicht wegen ihres Diabetes anders behandelt zu werden.
„Eigentlich wünsche ich mir nichts anderes als das, was ich mir sonst auch wünsche: Einfach von meinen Mitmenschen ‚normal‘ behandelt zu werden. Wenn es mir auf Grund meiner chronischen Erkrankung nicht gut gehen sollte, dann werde ich das auch sagen. Aber ich muss nicht auf Grund meiner Erkrankung ständig wie ein rohes Ei behandelt werden.“
– Ilka (Mein Diabetes Blog)
„Hört auf, Fake- News zu teilen. Haltet euch an die Handlungsanweisungen, bitte schickt mir keine Toilettenpapier-Memes mehr (die sind einfach nicht mehr lustig).
Bezogen auf den Diabetes: Machen wir uns nicht kränker, als wir sind. Nicht jeder Typ 1er hat per se ein schlechtes Immunsystem.“
– Sandra (Sandriabetes)
Kathy hofft, dass alle jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen und den Medizinern vertrauen, die alles geben, uns durch die Pandemie zu bringen.
„Ich wünsche mir ein Miteinander auf Abstand, ohne Hamsterkäufe, ohne Missgunst, ohne Aggressivität und ohne die Suche nach einem Schuldigen. Viren gehören eben zu unserem Leben dazu. Das war schon immer so. Auch Pandemien sind leider immer wieder ein Problem. Aber alle Pandemien laufen auf eine Sache hinaus: Man kann es nur gemeinsam schaffen und man muss denjenigen vertrauen, die gerade schwierige Entscheidungen treffen müssen und zum Entscheidungsträger geworden sind, weil sie dafür lange studiert haben. Wir hatten noch nie eine so fortgeschrittene Medizin, hervorragende Virolog:innen und Statistiker:innen und und und…. Viruserkrankungen gehören leider zum Leben dazu, aber wir waren noch nie so gut aufgestellt, um das zu meistern. Das mindert aber leider nicht die Trauer, um die, die dem Virus zum Opfer fallen.“
– Kathy (DIAPOLITAN)
Kathy findet auch, dass Unwissenheit und Egoismus der Menschen und Panikmache in den Medien Probleme verursachen, die es nicht geben müsste. Sie wünscht sich, dass mehr Menschen einsehen würden, dass es keinen Mangel an bestimmten Waren gibt, sie nur aus Platzgründen nicht in großen Mengen in den Supermärkten gelagert werden können und auch das sehr komplexe Liefersystem nicht ohne weiteres umgestellt werden kann. Der von den Käufern verursachte vermeintliche Mangel führt zu mehr Hamsterkäufen und irgendwann eventuell zu einem tatsächlichen Mangel auf Seiten der Läden, Zentrallager und Produzenten.
„Ich habe schon sehr früh gesagt, dass ich keine Angst vor dem Virus habe, sondern leider nur vor der Unwissenheit und dem Egoismus von einigen Menschen. Das ist eine kontroverse Aussage, aber ich sehe, wie manche Menschen reagieren, den Anweisungen nicht folgen, in Parks gehen, an der Kasse im Supermarkt sich vor mir in der Schlange einordnen, weil sie das mit dem Abstand nicht verstehen, oder eben aus purem Egoismus und falscher Angst, die leider auch von manchen Medien geschürt wird, Hamsterkäufe machen. Zu letzterem gehören auch Fotos in den sozialen Medien, die leere Regale zeigen. [...] Hamsterkäufe sind einfach nur unsolidarisch und produzieren das Problem selbst.“
– Kathy (DIAPOLITAN)
Lisa und Silke wünschen ihren Mitmenschen, dass sie die Krise gut überstehen, vernünftig sind und zusammenhalten.
„Ich wünsche ihnen auf jeden Fall Gesundheit und dass sie einen guten Weg finden mit dieser Situation umgehen zu können. Gerade dass viele zu Hause sitzen kann schnell zum Problem werden. Ich hoffe, die Menschen bleiben übers Internet vernetzt und pflegen ihre sozialen Kontakte. Außerdem wünsche ich ihnen, dass sie nicht in Panik verfallen, sondern stets gut informiert sind und besonnen mit der Situation umgehen können.“
– Lisa (Lisabetes)
„Ich kann niemanden Ratschläge geben. ich hoffe aber, dass sich alle, egal ob alt oder jung, dringend an die geforderten, nun allgemein bekannten Vorsichtsmaßnahmen halten. Dass alles wieder gut wird, mag ich niemanden zum Trost sagen. Ist diese Krise beendet, werden wir alle eine andere Welt vorfinden, mit Verlusten und Veränderungen, die sich sicher keiner so gewünscht hat. Bei allen Verlusten, es gibt auch ein Mehr. Ein Mehr an Nachdenken, was einem wichtig ist, wer uns etwas bedeutet und sicher auch ein Mehr an Solidarität, und wenn es nur darum geht, dass Nachbarn sich gegenseitig WC-Papier vorbeibringen. Sonst kann ich nur sagen, dass Angst immer ein schlechter Berater ist. Besser sollte man sich jetzt von seinem Mut, seiner Vernunft und seinem Sinn für die Gemeinschaft lenken lassen.“
– Silke (Zuckermutter)
Vielen Dank für die hilfreichen Beiträge und kommt alle gut durch die Zeit!
Das könnte dich auch interessieren: