Chargen des Medikaments „Valsartan“, welches häufig verwendet wird, um Bluthochdruck zu behandeln, wird zurückgerufen, nachdem eine Kontamination im Herstellungsprozess entdeckt wurde. Diese Meldung wirft einige wichtige Fragen für Patienten auf, die Valsartan einnehmen.
UPDATE – 30. November 2018
Aufgrund der Veröffentlichung dieses Beitrags haben die US-amerikanische Food and Drug Agency (FDA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) ihre Kontrollen auf andere Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB) erweitert. Das Ergebnis:
- Zhejiang Tianyu darf aufgrund des Vorhandenseins von NDMA, einem wahrscheinlichen Karzinogen, Valsartan nicht an den EU-Markt liefern. Die NDMA-Werte waren niedriger als in dem Valsartan, welches von der chinesischen Firma Zheijiang Huahai hergestellt wurde (Pressemitteilung der EMA vom 20. August 2018).
- Ein zweites wahrscheinliches Karzinogen, NDEA, wurde in Valsartan gefunden, das von Zheijiang Huahai produziert wurde (Pressemitteilung der EMA vom 13. September 2018).
- Die EMA weitete ihre Kontrollen auf andere Sartane aus, nachdem NDEA in dem Losartan des indischen Unternehmens Hetero Labs gefunden wurde. (Pressemitteilung der EMA vom 21. September 2018).
- Im Irbesartan der indischen Firma Aurobindo Pharma wurden geringe Mengen an NDEA nachgewiesen. Das Unternehmen kann Irbesartan zwar nicht mehr an den EU-Markt liefern, es wurde jedoch noch kein Rückruf erteilt. Das chinesische Unternehmen Zheijiang Huahai wird verstärkt beaufsichtigt (Pressemitteilung der EMA vom 15. Oktober 2018).
- Mylan Laboratories Limited darf Valsartan nicht mehr an den EU-Markt liefern. Eine Substanz, die als wahrscheinliches Karzinogen eingestuft wurde, NDEA, konnte in einigen Chargen von Valsartan gefunden werden, die in der Fabrik des Unternehmens in Indien hergestellt wurden. Unternehmen, die Sartan-Produkte in der EU vermarkten, wurden aufgefordert, diese auf Verunreinigungen zu prüfen (Pressemitteilung der EMA vom 19. November 2018).
Wichtig: Wenn Sie derzeit Valsartan einnehmen sollten, nehmen Sie es bitte weiterhin wie vorgeschrieben ein, es sei denn, Ihr Arzt oder Apotheker hat Ihnen etwas anderes mitgeteilt.
Warum wird Valsartan zurückgerufen?
Ein chinesisches Unternehmen, welches Valsartan – ein Medikament zur Behandlung von Bluthochdruck und anderen Herzerkrankungen – herstellt, hat festgestellt, dass eine Substanz namens N-Nitrosodimethylamin (NDMA) einige Chargen des Medikaments kontaminiert hat.
NDMA ist als wahrscheinliches Karzinogen für den Menschen eingestuft – also eine Substanz, die Krebs verursachen könnte.
„Zhejiang Huahai Pharmaceuticals“ hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) freiwillig über die Kontamination informiert. Nationale Behörden aus 24 Ländern haben daraufhin eine Rückrufaktion veröffentlicht.
Darunter Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Finnland, Schweden, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Irland, Bulgarien, Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Frankreich, Polen, Kroatien, Litauen, Griechenland, Kanada, Bosnien und Herzegowina, Bahrain, Malta und die USA.
Valsartan wurde ursprünglich von Novartis entwickelt. Nachdem das Patent mittlerweile ausgelaufen ist, dürfen verschiedene pharmazeutische Unternehmen das Medikament produzieren.
Dennoch ist nicht jeder Hersteller des Medikaments und nicht jede Charge der betroffenen Hersteller von der Kontamination betroffen.
In Deutschland werden zurzeit 17 Valsartan-Präparate zurückgerufen.
Insgesamt sind europaweit rund 2.300 Chargen von dem Rückruf betroffen.
Ich nehme Valsartan – bin ich gefährdet?
Das Wort „Karzinogen“ ist beängstigend.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, es gebe „schlüssige Beweise dafür, dass NDMA ein potentes Karzinogen bei Versuchstieren ist“, wenn es durch Trinkwasser aufgenommen wird.
Es ist besonders giftig für die Leber.
Obwohl die Möglichkeit besteht, dass NDMA das Risiko von Krebs auch beim Menschen erhöht, gibt es noch keine schlüssigen Beweise dafür. Daher die Einstufung als wahrscheinliches Karzinogen.
Es wurde bei der Herstellung von Raketentreibstoff und Antioxidantien verwendet und ist ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt der Chlorierung von Abwässern in Kläranlagen.
Die EMA untersucht derzeit das Ausmaß der Kontamination und das Risiko für Personen, die Valsartan einnehmen.
Novartis-Sprecher Eric Althoff beruhigte Betroffene: „Die in Valsartan gefundenen NDMA-Mengen sind viel niedriger als die kumulative endogene Produktion und die übliche externe Exposition von NDMA.“
Das Unternehmen geht deswegen davon aus, dass kein signifikantes Gesundheitsrisiko für Patienten besteht.
Das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat versichert, dass es sich im europäischen Überprüfungsverfahren aller Produkte aktiv einbringen wird, „um hier schnellstmöglich zu belastbaren Ergebnissen zu gelangen“.
Was sollte ich tun?
Die Botschaft, die von der EMA und den nationalen Behörden herausgegeben wurde, ist dieselbe: Hören Sie nicht auf, Ihre Medikamente einzunehmen, wenn Sie nicht von Ihrem Arzt oder Apotheker dazu aufgefordert werden.
Das plötzliche Absetzen des Medikaments ist mit großer Wahrscheinlichkeit gefährlicher für Ihre Gesundheit als die Kontamination und kann sich schädlich auf das Herz-Kreislauf-System sowie die Nierenfunktion auswirken.
Wenn Ihr Medikament betroffen ist, fahren Sie deshalb mit der Einnahme fort und kontaktieren Sie so bald wie möglich Ihren Arzt oder Apotheker, der Sie über alternative Behandlungsmöglichkeiten informieren wird. Arzt oder Apotheker sind auch die richtige Anlaufstelle, wenn Sie nicht sicher sind, ob Ihre Medikamente von der Kontamination betroffen sind.
Wird der Rückruf einen Mangel an Valsartan verursachen?
Medikamentenengpässe sind ein häufiges Problem im Gesundheitswesen und Rückrufe sind einer der Gründe, warum sie auftreten.
Nur die vier Pharmahersteller Aurobindo, Mylan dura, Novartis und TAD Pharma melden bisher, nicht von dem Rückruf betroffen zu sein.
Bei 1096,4 Millionen DDD (daily defined doses – z.dt. angenommene mittlere Tagesdosen) Valsartan, welche laut dem Arzneiverordnungsreport 2017 in Deutschland verschrieben wurden, kann der Rückruf laut der „Deutschen Apotheker Zeitung“ deshalb höchstwahrscheinlich zu Versorgungsengpässen von Valsartan führen.
Solche Engpässe sind insbesondere bei begrenzten Behandlungsmöglichkeiten schädlich. Die gute Nachricht in diesem Fall ist aber, dass es eine Reihe von Medikamenten für Bluthochdruck gibt, darunter auch andere Sartane (wie beispielsweise Losartan).
Andere Arten von Arzneimitteln, wie ACE-Hemmer, können ebenfalls geeignet sein.
Im Endeffekt hängt aber von Ihren individuellen Bedürfnissen und Faktoren wie beispielsweise Komorbiditäten ab, die richtige Art der Behandlung zu finden.
Es wird vermutet, dass die Verunreinigungen durch eine Änderung des Herstellungsprozesses im Juli 2012 verursacht wurden.
Es mag beunruhigend sein, zu erfahren, dass eine solche Kontamination bereits seit einigen Jahren erfolgt. Derzeit gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass ein akutes Patientenrisiko besteht.
Daher ist es wichtig, dass Patienten Valsartan weiterhin so wie verschrieben einnehmen, wenn Ihnen von Ihrem Arzt oder Apotheker nichts anderes mitgeteilt wurde. Wir bitten Sie deshalb dringend, den Anweisungen der Behörden zu folgen und sich an einen Arzt oder Apotheker zu wenden, wenn Sie Fragen oder Bedenken hinsichtlich Ihrer Behandlung haben.
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Obwohl wir hoffen, dass die Informationen in diesem Blogbeitrag nützlich sind, sollten Sie diese auf keinen Fall als Ersatz für eine professionelle Beratung sehen. Wenn Sie Fragen oder Bedenken hinsichtlich Ihrer Behandlung haben, wenden Sie sich bitte umgehend an Ihren Arzt oder Apotheker.