6 Tipps, wie Sie Angehörige mit MS unterstützen können

So gelingt es Ihnen, für Familienangehörige und Freunde mit der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose da zu sein

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Samira Mousa
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Die Diagnose MS trifft einen erstmal wie ein Schlag. Wie wichtig es in dem Moment und in den Jahren danach ist, von Freunden und Familie Unterstützung zu bekommen, weiß Samira Mousa nur zu gut: Bei ihr wurde vor fünf Jahren die chronische Krankheit Multiple Sklerose diagnostiziert, über die sie auf ihrem Blog humorvoll, ehrlich und auch kritisch schreibt. Im Folgenden verrät Samira Ihnen, wie Sie von MS betroffene Angehörige am besten im Alltag unterstützen können.

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem wunderschönen Teppich. Dieser Teppich stellt Ihr Leben dar: Ihre Zukunft, Ihren Beruf, Ihr soziales Umfeld. Darauf gestickt finden sich herrliche Bilder von Ihnen – Bilder davon, wie Sie sich selbst und Ihr Umfeld Sie sehen.

Die Diagnose MS zieht einem diesen Teppich in Sekundenschnelle unter den Füßen weg. Im Nu sieht man das, was man für seinen Lebensweg gehalten hat, in Scherben vor sich zu Boden regnen. Fragen über Fragen füllen die unsichere Zeit nach der Diagnose:

Werde ich bald nicht mehr gehen können? Werde ich irgendwann ein Pflegefall sein?

Ich weiß noch ganz genau, wie mir in diesem Moment nur eines helfen konnte: Die Gewissheit, dass mein Sicherheitsnetz aus meiner Familie und meinen engsten Freunden mich auffangen würde – egal, wie tief mein Fall auch sein würde.

Ich möchte Ihnen heute einige Ratschläge mit auf den Weg geben, die Ihnen dabei helfen können, eine große Unterstützung für Ihre Angehörigen oder Freunde mit MS zu sein. Danke, dass Sie diesen Artikel lesen und somit dazu beitragen, diese chronische Erkrankung zu enttabuisieren und Betroffene dabei zu unterstützen, sich besser im Alltag zurechtzufinden!

1. Versuchen Sie zuzuhören, statt zu reden.

Natürlich möchten Sie möglichst schnell helfen, wenn ein Angehöriger die Diagnose MS bekommt. Die logischste Reaktion ist also, online zu gehen, dort „Multiple Sklerose“ in die Suchmaschine einzutippen und sich dann durch eine Flut guter, mittelmäßiger oder gar unsicherer Quellen zu wühlen. Dass Sie das tun, um möglichst beruhigend auf Ihre Angehörigen mit MS einreden zu können, ehrt Sie – doch bitte glauben Sie mir: Wir MS-ler wollen solche Informationen meist wirklich nicht hören.

Zu oft wurde uns schon gesagt, dass dieses oder jenes Wundermittel unsere Krankheit heilt. Dass diese oder jene Person trotz der MS mit 80 Jahren immer noch wunderbar laufen konnte und, dass das Bakterium XY für unsere MS verantwortlich ist. Wir haben es einfach über.

Anstatt uns also mit Informationen aus dem Internet zu überfluten, fragen Sie Ihren Angehörigen lieber, wie es ihm oder ihr geht. Lassen Sie ihn oder sie erzählen, hören Sie zu – nicht umgekehrt.

2. Stellen Sie Fragen.

Dass nach der Diagnose nicht nur Ihr Angehöriger mit MS, sondern auch Sie selbst unter einer Flut von Fragen begraben werden, ist selbstverständlich. Sie machen sich Sorgen, Sie suchen nach Antworten.

Ihr Angehöriger mit MS wird selbst nicht alle Antworten auf Ihre Fragen wissen. Doch „Wie geht es dir heute?“, „Was kann ich für dich tun?“ oder „Wünschst du dir etwas Bestimmtes?“ – das sind in dem Fall riesige Rettungsringe, die Sie Ihrem Freund oder Angehörigen zuwerfen können.

Denn viel zu oft haben wir das Gefühl, dass eigentlich nie jemand fragt, wie es uns denn mit der Diagnose, mit der Krankheit wirklich geht! Dabei lassen sich genau an diesem Punkt die Weichen für ein gutes Miteinander legen, wenn ein Freund oder ein Familienmitglied MS hat.

3. Urteilen Sie nicht vorschnell.

„Du wirst sicherlich bald eine Haushaltshilfe brauchen, oder?“. „Ich schiebe deinen Rollstuhl, wenn du nicht mehr laufen kannst!“.

Diese Aussagen kommen von Herzen und das weiß man als Angehöriger mit MS. Manchmal sind diese Aussagen aber fehl am Platz, vor allem kurz nach der Diagnose. Denn dann sind wir selbst unsicher, wie alles weitergehen wird. Wir wissen ja auch nicht, ob wir bald im Rollstuhl sitzen, oder ob wir bald unseren Haushalt nicht mehr alleine regeln können.

Dennoch wünschen wir uns nichts sehnlicher, als, dass alles möglichst so bleibt, wie es ist. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Es kann gut sein, dass Ihr Angehöriger mit MS in den nächsten Jahren kaum Einschränkungen durch die Krankheit haben wird!

Und auch, wenn Ihr Angehöriger heute vielleicht nicht so fit ist, kann es morgen schon wieder ganz anders aussehen, denn die MS ändert sich oft von Tag zu Tag.

4. Behandeln Sie Ihren Angehörigen mit MS respektvoll.

Manchmal bleibt mir wirklich der Atem weg, wenn ich mitbekomme, wie Angehörige über ihre Familienmitglieder mit MS sprechen: Nämlich so, als wären diese gar nicht da.

Da wird in der dritten Person von einem gesprochen, es wird mit dem Arzt gefachsimpelt, es werden Entscheidungen getroffen, in die der MS Patient gar nicht mehr eingebunden wird.

Aber die MS macht ja nicht, dass Ihr Angehöriger weniger klug oder entschlossen ist!

Ja, es kann sein, dass ihm oder ihr durch die chronische Erschöpfung, einer der häufigsten MS Symptome, Entscheidungen etwas schwerer als zuvor fallen. Oder auch, dass Ihr Angehöriger nun mehr Zeit braucht, um Treppen hoch- und runter zu steigen, einkaufen zu gehen, sich zu frisieren und anzuziehen.

Dafür kann Ihr Angehöriger natürlich nichts, und es hilft ihm oder ihr in diesem Fall einfach, wenn Sie Verständnis und Respekt zeigen und ihn nicht wie ein kleines Kind behandeln.

Denn auch, wenn manche Dinge nun anders als vorher sind, bleibt ein MS Patient ja vor allem eines: Ein Mensch mit Gefühlen, Träumen, Wünschen und einem eigenen Charakter.

Glauben Sie Ihrem Familienmitglied oder Freund aber bitte dennoch, wenn er oder sie über Schmerzen, Kraftlosigkeit und Überforderung klagt. Nichts ist schlimmer, als wenn unser Leiden nicht ernst genommen wird, nur weil man es nicht sieht.

5. Bieten Sie Ihre Hilfe an (und zwar immer und immer wieder).

Ein Thema, über das ich häufig stolpere, ist der Fakt, dass es uns Menschen mit MS sehr schwer fällt, Hilfe anzunehmen.

Die Reaktionen auf angebotene Hilfe reichen da von einem freundlichen „Nein, danke“ bis hin zu einem giftigen „Lass mich das alleine machen!“.

Wir meinen das nicht böse. Und bitte glauben Sie mir: Wenn wir Sie damit brüskieren oder verletzen, dann tut uns das im Nachhinein wahnsinnig doll leid.

Wir reagieren so, weil wir selbst nicht wahrhaben wollen, dass wir bei dieser oder jener Sache neuerdings Hilfe brauchen.

Bitte hören Sie nicht auf, Ihrem Angehörigen mit MS Ihre Hilfe anzubieten. Es wird der Moment kommen, in dem er oder sie diese Hilfe dankend annimmt.

Bis dahin können Sie sich sicher sein, dass allein das Wissen darum, dass Sie helfen möchten, Ihren Angehörigen sehr unterstützt.

6. Seien Sie da.

Abschließend gibt es diesen einen, ja, vielleicht den wichtigsten Punkt: Zeigen Sie Ihrem Angehörigen mit MS, dass Sie da sind.

„Du kannst mich jederzeit anrufen“. Dieser Satz ist, wenn er ernst gemeint ist, das größte Geschenk für einen Menschen mit MS. Auch, wenn wir im Endeffekt vielleicht nie darauf zurückkommen.

Dieses Angebot zeigt Ihrem Angehörigen, dass er oder sie nicht allein ist. Es stellt auch keine Bedingung, keine Gegenforderung.

Nehmen Sie die Hand Ihres Familienmitglieds oder Freundes. Halten Sie sie fest – ohne zu sprechen. Mehr braucht es manchmal nicht, um zu zeigen: „Egal was passiert: Ich stehe an deiner Seite“.


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